Eine Circular Economy kann nur gelingen, wenn alle Teilnehmer entlang der Wertschöpfungskette zusammenarbeiten.
Der Mensch ist bekanntlich ein Gewohnheitstier und wegzuwerfen ist erst einmal sehr bequem und zeitsparend. Wie bringen Sie Verbraucher oder Kunden dazu, sich umzustellen?
In der Tat ist wegzuwerfen häufig bequem und zeitsparend. Auf der anderen Seite machen aber vielen von uns auch die Berge von Hausmüll ein schlechtes Gewissen – wir spüren, dass dies nicht richtig ist, und idealerweise würden wir gerne weniger wegwerfen. Auf Verbraucherseite wird die Umstellung gelingen, wenn die Rückgabe einfacher gestaltet wird. Wir erleben gerade über die verschiedensten Lieferdienste, wie es immer einfacher wird, Dinge problemlos ohne Aufpreis nach Hause geliefert zu bekommen – ähnlich einfach und kostengünstig müsste die Rückholung von Wertstoffen organisiert werden, am besten so wie früher beim Milchmann.
Welche Kennzahlen eignen sich am besten, um den Fortschritt und den Erfolg eines zirkulären Produkts oder Geschäftsmodells zu messen?
Der wirtschaftliche Erfolg sollte sich an den klassischen Kennzahlen wie Umsatz, Kundenzahl oder Gewinn festmachen. Der Fortschritt sollte an den vermiedenen Umwelteinträgen entlang des Lebenszyklus bemessen werden.
Welches ist Ihr Lieblingsbeispiel von einer gelungenen Transformation zur Circularity?
Ein schönes Beispiel von geschlossenen Kreisläufen ist die Getränkedose aus Aluminium in Deutschland. Durch das Dosenpfand ist sichergestellt, dass diese Dosen zu nahezu 100 Prozent zurückgeführt und dann wertgleich weiterverwendet werden können.
Wie können Unternehmen Technologie nutzen, um ihren Übergang zu einer Circular Economy zu beschleunigen?
Technologie wird in den unterschiedlichsten Bereichen erforderlich sein, um der Circular Economy zum Durchbruch zu verhelfen. Dies beginnt bei Technologien für alternative Produktionsverfahren und endet bei verbesserten Recyclingtechnologien. Besonders wichtig im Lebenszyklus von Produkten ist aber die Nachverfolgbarkeit von Materialströmen, um diese möglichst rein zu halten. Dafür sind „Tracking & Tracing“-Lösungen von zentraler Bedeutung.
Wirtschaftswachstum ist momentan an den Verbrauch (natürlicher) Ressourcen geknüpft. Was muss sich global ändern, damit es nicht bei einzelnen Beispielen zirkulärer Produkte oder Geschäftsmodelle bleibt, sondern dies zur neuen Form des globalen Wirtschaftens wird?
Schädliche Umwelteinträge sollten konsequent mit einem Preis versehen werden, so wie es jetzt sukzessive beim CO2 eingeführt und damit alternativen Technologien zum Durchbruch verholfen wird. Wenn die Externalisierung von Umweltkosten mit einem angemessenen Preis versehen wird, hört sie auf.
Was hat Sie dazu bewogen, die Circular Valley Foundation im Rhein-Ruhr-Gebiet zu gründen?
Die weitere Rhein-Ruhr-Region ist die größte industriell geprägte Metropolregion Europas und verfügt über eine Kombination einzigartiger Standortfaktoren in Bezug auf die Circular Economy: die weltweit größte Dichte an unterschiedlichsten Weltmarktführern aus der Industrie, die meisten Unternehmen der Kreislaufwirtschaft in Europa, über 70 wissenschaftlich exzellente Institutionen, die ihren Schwerpunkt in Materialthemen haben, eine starke Internationalität und Ort der ersten und zweiten industriellen Revolution auf dem europäischen Festland.
Woran werden wir merken, dass die Gesellschaft als Ganzes den Übergang zu einer Circular Economy vollendet hat?
Wenn es keine Deponien mehr gibt, die Müllverbrennung auf ein absolutes Minimum der Verbrennung von Gefahrenstoffen reduziert wurde und wir zugleich einen hohen Lebensstandard erhalten haben, dann ist der Übergang vollendet.
Wenn Sie sich eine Sache wünschen könnten, die sich direkt morgen ändert, welche wäre das?
Ein konsequentes Bepfanden aller Verpackungen und ein höheres Pfand auf Glasflaschen, um ihre Rückführung sicherzustellen – so wie beim vorstehend genannten Dosenpfand.
Fazit
Moderne Technologie kann die Circular Economy bei ihrem Durchbruch unterstützen, betont Carsten Gerhardt, Partner Advanced Manufacturing bei EY, im Interview. Der Gründer der Circular Valley Foundation hebt außerdem die Bedeutung des weiteren Rhein-Ruhr-Gebiets für den Themenbereich hervor und teilt seinen unmittelbaren Wunsch für eine stärkere Zirkularität – ein konsequentes Bepfanden aller Verpackungen.